Auf den ersten Blick scheint auf Sri Lankas Straßen ein heilloses Chaos zu herrschen, Fußgänger, Radfahrer, Busse, LKWs, Minibusse, Tuk-Tuks und diverse Haustiere tummeln sich auf den Straßen und am Straßenrand. Aber nach einiger Zeit bemerkt der aufmerksame Verkehrsteilnehmer (und Aufmerksamkeit ist allerhöchstes Gebot), dass auch hier gewisse Regeln gelten.
Regel Nr.1: keine Aggression. Auch wenn man durch das viele Gehupe und halsbrecherisch fahrende Busse einen anderen Eindruck haben könnte, aggressive Gesten oder Fahrweisen, wie sie in Deutschland normal sind, gibt es hier nicht. Das Hupen dient in Sri Lanka der Verständigung und hat in etwa folgende Bedeutung: 1 x kurz = Achtung hier komme ich! 2 x kurz = Ich überhole! 1 x kurz und 1 x lang: Mach ein bißchen mehr Platz! 1 x ganz lang: Ich brauch dringend mehr Platz! Ganz wichtig sind auch die Handzeichen: Statt mit Blinker werden in Sri Lanka Abbiege- oder Überholvorgänge oft mit einer herausgestreckten Hand vom Fahrer oder Beifahrer angezeigt. Diesen Hinweis sollte man unbedingt respektieren und auf keinen Fall mehr überholen, denn der Fahrer wird wahrscheinlich gleich ausscheren bzw. die Strasse kreuzen. Auch auf dem Motorrad wird ein Handzeichen eher respektiert als ein Blinker. Höchste Gefahr für uns Motorradfahrer und alle anderen lauert, wenn ein langer Fanfahrenton von weitem ertönt: Der Expressbus mit eingebauter Vorfahrt kommt, also am besten ganz links ranfahren! Vorfahrtsregeln, Verkehrsschilder oder Ampeln gibt es ohnehin so gut wie gar nicht, außer der Hauptregel: Expressbusse haben immer Vorfahrt und bremsen nur für Kühe, weil die diese Regel einfach ignorieren. Wir sollten auch bedenken, daß wir als Zweiradfahrer zu den schwächsten Gliedern im Strassenverkehr gehören und somit in der Vorfahrtrangliste ziemlich weit unten rangieren. Bei unserem letzten Besuch im März 2025 hatten wir allerdings tatsächlich das Gefühl, von den größeren Fahrzeugen durchaus beachtet und respektiert zu werden, da hat sich doch etwas getan... und inzwischen gibt es sogar so eine Art ASU-Untersuchung ("Green-Test") und der Sprit scheint auch besser geworden zu sein, LKWs ziehen nicht grundsätzlich mehr eine schwarze Rauchfahne hinter sich her. Das Wichtigste beim Motorradfahren in Sri Lanka ist also der immer hupbereite Daumen und beide Hände an den Bremsen! Alkohol und Nachtfahrten (wegen einiger tiefen Schlaglöcher und vieler unbeleuchteter Verkehrsteilnehmer) sollten absolut tabu sein. Die vielen Polizeikontrollen brauchen uns nicht zu ängstigen, sofern wir nüchtern sind und Helm tragen. Obwohl die Polizei gerne Motorradfahrer anhält, werden Touristen in aller Regel durchgewunken. Wir wurden bis heute erst einmal kontrolliert. Bedenken sollten wir allerdings, dass im Falle eine Unfalls in den wir verwickelt sind, sehr wahrscheinlich die Schuldfrage zu unseren Ungunsten ausfallen wird und wir in dem Fall nur mit einer "angemessenen" Barzahlung um schwierige Verwicklungen herumkommen.
Regel Nr.2: Alles fließt. Wir haben mal in Colombo einen ganzen Kreisverkehr zum Stehen gebracht, weil wir als Fußgänger die Straße überqueren wollten und mitten im fließenden Verkehr stehen geblieben sind, um einen Radfahrer vorbei zu lassen. Das zwang nun wiederum ein Tuk-Tuk zum Stehenbleiben, worauf dieser einen PKW ausbremste usw. Also: immer schön weitergehen oder -fahren, wichtig ist nur, durch eindeutige Fahrweise, Hup- oder Handzeichen zu verstehen geben, was man vorhat und die Hup- und Handzeichen der anderen Verkehrsteilnehmer ebenso zu beachten. Am ehesten kann man das Verkehrsgeschehen mit einem riesigen Kreisverkehr vergleichen. Man fährt in den Fluss hinein (und wird in der Regel auch hineingelassen) und verlässt ihn bei Bedarf wieder. Immer wieder faszinierend finde ich, wie an einigen Kreuzungen innerorts der Verkehr von allen Seiten einfach durcheinander hindurch fliesst.
Die Hauptverkehrsstraßen sind die A-2, die von Colombo die ganze Küste Richtung Süden über Galle und Matara nach Osten und dann wieder ins Bergland bis Wellawaja führt sowie die A-1 von Colombo nach Kandy. A-1 klingt zwar nach Autobahn, es sind aber Landstraßen in inzwischen recht gutem Zustand. In den letzen 15 Jahren wurde in Sri Lanka viel in den Strassenbau investiert und nun haben die meisten Hauptstrassen sogar einen durch eine weiße Linie abgetrennten ca. 90cm breiten Seitenstreifen für Fußgänger und Fahrradfahrer auf den wir ausweichen können, wenn uns mal wieder zwei nebeneinander fahrende Expressebusse entgegenkommen. Der inzwischen fertiggestellte Express-Highway führt im Hinterland vom Flughafen bis Matara. Dadurch wurde die Fahrzeit in den Süden von etwa 4-6 auf 2-4 Stunden verkürzt. Der Highway verläuft ca. 6-10Km von der Küste entfernt, kostet eine geringe Maut, ist allerdings für kleine Motorräder, TukTuks und Scooter tabu. Er entlastet aber immerhin die Küstenstrasse, die wir so etwas entspannter fahren können. Der Verkehr auf der A-1 nach Kandy und der A-2 bis Galle ist recht lebhaft und keine reine Freude. Ab Matara wird der Verkehr weniger und in den Bergen ist zum einen wenig Verkehr, zum anderen gibt es phantastische Aussichten aber auch ganz schön heftige Steigungen. Unsere normale Tour geht meist von Hikkaduwa unten rum die A-2 bis in die Berge und nach Kandy. Da verfrachten wir unser Moped für die Rückfahrt nach Hikkaduwa einfach in den Zug, denn die Strecke über Colombo ist nur etwas für hartgesottene Fahrer. Zugfahren mit Motorrad ist relativ preiswert (billiger als der Sprit), man muß nur den Sprit komplett ablassen und ein stabiles Seil zum Verzurren mitbringen und sollte beim Ein- und Ausladen am besten dabei sein. Es empfiehlt sich wie immer den direkt zum Ziel fahrenden Expresszug zu nehmen, damit Mensch und Maschine im gleichen Zug bleiben. Die Aufgabe der Maschine mit dem zugehörigen Schreibkram kann schon eine Weile dauern, also nicht auf den letzten Drücker zum Bahnhof fahren und wie gesagt: Seil und Kanister mitnehmen (gibt's an vielen Kiosken).
Bei einer geplanten Motorradtour durch das Gebirge beachtet unbedingt die Wettervorhersagen z.B. für Nuwara Elia. Sollte dort Regen oder starke Bewölkung vorhergesagt sein, bleibt lieber im Flachland, dann kann es in den Bergen sehr ungemütlich werden.
Ach ja, Tankstellen gibt es zwar nicht so viele wie bei uns, aber die Versorgung ist ausreichend. In ländlichen Gegenden wird der Sprit dann auch mal flaschenweise verkauft. Bei Fahrten aufs Land also lieber in der letzten Stadt noch eben volltanken.